Die Familie Keerl, 450 Jahre Bürgertum in Marktsteft

Das Museum ist bis auf weiteres geschlossen!

Immer wieder bestimmten einzelne Familien über die Geschicke ganzer Städte: Florenz hatte seine Medici, Augsburg die Fugger und Marktsteft – Marktsteft hatte die Keerls!
Ohne diese Familie wäre der Ort Steft geblieben, was er einmal war: Ein Häckerdorf, wie es entlang des Mains viele gibt!
Doch in Steft verlief die Geschichte ganz anders: Steft wurde zur Hafenstadt, die Reformation hielt Einzug und Manufakturen wurden eröffnet.
Dies alles geschah unter der Herrschaft der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach. Wie es dazu kam und was die Familie Keerl damit zu tun hatte, davon erzählt das Museum für Stadt- und Familiengeschichte.

Die Räume im Museum

Ein Stammbaum und seine Wurzeln

Die Geschichte beginnt im Jahr 1554, als ein gewisser Sebastian Kherell Schultheiß in Steft wird. Er ist der Stammvater einer beachtlichen Familiensippe, deren Stammbaum 1953 über 3000 Namen verzeichnet!
Eine solche Familientradition hat viel zu erzählen:
Geburt, Ehe und Tod – der Rhythmus der Generationenfolge – bestimmen das Leben der Menschen. Diese Ereignisse werden in Andenken und Erinnerungsstücken festgehalten.
Taufkleidchen, Kinderbilder oder das Lieblingsspielzeug, Eheringe und Hochzeitskränze oder ein Totengedenkblatt – Die Erinnerungsstücke der Familie Keerl lassen erahnen, welche Rolle Geburt, Ehe und Tod spielen, und dies nicht nur in der Familie Keerl...

Familienleben

1965 übergab die Familie Keerl dem Landkreis Kitzingen ihre stattliche Sammlung privater Familienandenken.
Der Wunsch, die Stücke in Marktsteft – dem Familienstammsitz – auszustellen, ging im Jahr 2004 mit der Eröffnung des Museums für Stadt- und Familiengeschichte in Erfüllung.
Hier zeichnen die Exponate den Aufstieg einer Familie nach, die sich von Marktsteft aus über die halbe Welt verbreitete und vor allem am Hof der Markgrafen in Ansbach zu Ansehen und Einfluss gelangte.
Die Männer standen im 18. und 19. Jahrhundert ihren „Mann“ beim Militär, in der Politik, in Wissenschaft und Kunst; die Frauen füllten – den bürgerlichen Idealen folgend – ihre Rolle als Gattin, Mutter und Hausfrau aus! Damals entstand die Rollenverteilung der Geschlechter, die unsere Gesellschaft noch bis heute prägt.

Herrschen und Regieren

Im Jahr 1448 erwarb der Markgraf von Brandenburg-Ansbach Marktsteft zusammen mit Creglingen und fünf weiteren „Maindörfern“.
Schon der Stammvater der Familie Keerl – Sebastian – stand dann als Schultheiß des Ortes in dessen Diensten!
Seine Nachfahren arbeiteten sich weiter nach oben: Johann Jakob Keerl war zu Beginn des 18. Jahrhunderts sogar als Finanzrat am ansbachischen Hof tätig.
Der Aufstieg der Familie erwies sich als positiv für Marktsteft. Lange saß der Oberschultheiß für die „6 Maindörfer“ in Obernbreit, im Jahr 1730 jedoch wurde der Verwaltungssitz verlegt in das kurz zuvor zum Marktort erhobene „Marktsteft“! Sicher hatte dabei ein Keerl am Ansbacher Hof die Finger im Spiel ...

Hoffen und Glauben

Das Markgraftum schloss sich 1527 der Reformation an. Marktsteft wurde damit zu einem protestantischen Örtchen inmitten einer von Würzburg geprägten katholischen Landschaft!
Doch die evangelische Gemeinde behauptete sich; sie erweiterte im 17. Jahrhundert sogar ihre Pfarrkirche und stattete sie mit neuem Kirchengerät aus. Einmal mehr tat sich dabei die Familie Keerl hervor und stiftete Kelch, Patene, Sanduhr und Altarleuchter.
1798 kam die erste katholische Familie nach Marktsteft, doch noch heute sind die Einwohner überwiegend evangelisch.

Wirtschaften und Handeln

Auch wenn von den sechs ansbachischen „Maindörfern“ die Rede ist, wirklich am Flussufer liegt einzig und allein Marktsteft. Der Ausbau von Marktsteft zum Hafen- und Handelsplatz versprach Profit! Und natürlich förderte besonders die Familie Keerl solche Ideen:
1726 erhielt der Ort Marktrechte und 1729 eine Hafenanlage. Selbst eine neue Manufaktur – die Strumpfwirkerei – wurde angesiedelt. In Ansbach hatte man große Pläne mit dem kleinen Ort, aber nicht alle Ideen wurden umgesetzt – Marktsteft blieb überschaubar.
Allerdings wurde es letztlich doch noch zur Stadt erhoben, nämlich im Zuge der neuen bayerischen Gemeindeordnung 1870. Damit hatte die Familie Keerl dann allerdings nichts mehr zu tun, ihr Marktstefter Familienzweig war zu dieser Zeit bereits erloschen.

Ausblick und Einsicht

Zum Museum gehört auch der „Rathausturm“, der das Tor zur Kirchenburg bildet. Der Turm bietet nicht nur eine einmalige Aussicht aus der 1765 eingerichteten Türmerwohnung, vielmehr bietet auch die Gefängniszelle Einzigartiges: Rund 100 Wandinschriften erzählen von den Häftlingen!
Kleine Sünder saßen hier ein: Sie schliefen ihren Rausch aus, beruhigten sich nach Schlägereien oder büßten einen blauen Montag. Dabei philosophierten sie über den Wein, die Welt und die Frauen … Übrigens: Der Rathausturm geht auf eine Stiftung aus dem Jahr 1750 zurück. Von wem? Natürlich von einem Mitglied der Familie Keerl.

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